Rauminstallation, Wasser mit blauer Farben, Einweg-Champagnerglässer, Baumzweig, Videoaufnahme, Fotografie, Bilderrahmen Zeichnungen
Aufenthaltsstipendium, Albert Koechlin Stiftung in der Stadtmühle Willisau, Switzerland 2015
Ich thematisiere die Poesie der Quelle durch eine mehrdimensionale Geschichte mit einer Assoziationskette.
Jeden Tag begegnet mir das Wassergeräusch, die Schafe, das Glockenläuten der Kirche, Natur, das langsame Leben, hilflose alte Häuser und das Blau in Willisau, das mich inspiriert.
Ich habe Spuren gesucht, die zu einer Quelle führen.
Ich wollte die Quelle berühren, aber doch nicht. Vielleicht ist es so, dass man die Quelle nicht mehr berühren kann, weil Sie verändert oder immer mehr verlorengegangen ist.
Die zusammengefügten verschiedenen Fotoarbeiten, die ich in Willisau aufgenommen habe, werden als assoziative Bilder auf der Ausstellungswand neu arrangiert und mit der Bodeninstallation aus Einweg-Champagnerglässer aus dem Baumarkt mit blauer Farben und einer kurze Videoaufnahme kombiniert.
Die Poesie der Quelle, steht einerseits für die unberührbare Sehnsucht und andererseits als Metapher für das irdische Paradies, das vergänglich ist und nur in der Erinnerungen bleibt.
Meine Arbeit verlangt von den Besuchern, ihre Wahrnehmung, Assoziation und Intuition zu nutzen, damit der Betrachter durch seine eigene Geschichte die Quelle wieder entdecken kann.
Die Poesie der Quelle
Das Rauschen des durch das Gebäude der Stadtmühle hindurchfliessenden Mülibachs, das Gebimmel der Glocken der grasenden Schafe, das Geläute der Kirche waren die akustischen Spuren, die Nana Kwon bei ihrem Atelieraufenthalt in Willisau begleitet haben. Die Nähe der Natur, das langsame Leben, alte Häuser, die sich verloren zwischen Neubauten behaupten wurden zu Inspirationen, schlugen sich nieder in Fotografien, die die Künstlerin bei ihren Streifzügen aufnahm. Die Farbe Blau nahm sie als prägend wahr: der Himmel, das Wasser in den Brunnen, die blauen Kunststoff-Fässer, die als Regentonnen in den Gärten stehen. Als gesammelte Erinnerung stehen nun Einweg-Champagnergläser, mit der Farbe Blau gefüllt und zum Kreis geordnet, im Raum, begleitet von einer kurzen Videosequenz.
«Ich habe Spuren gesucht, die zu einer Quelle führen», sagt die Künstlerin. «Ich wollte die Quelle berühren, aber dann doch wieder nicht. Vielleicht ist es so, dass man die Quelle nicht mehr berühren kann, weil sie verändert oder immer mehr verlorengegangen ist.»
Die Quelle entzieht sich, es bleiben die Spuren, die Bilder, an denen sich die Erinnerung festmachen lässt, die Assoziationen wecken und den Betrachtern den Raum für die eigenen Bilder und Geschichten öffnen. Die Quelle wird zur Metapher, die Nana Kwon mit ihrer poetischen Installation vergegenwärtigt und belebt. Sie steht für eine Sehnsucht nach dem Unberührbaren, für ein lang verlorenes irdisches Paradies. Für seine unaufhebbare Vergänglichkeit, für sein Aufscheinen, das einzig in der Erinnerung einen vorübergehenden Ort findet, ist die Installation von Nana Kwon ein sinnreiches Zeichen: Das Vorübergehende und Prekäre, das Fragile und Leise gibt der Poesie der Quelle einen stimmigen Ausdruck, weckt unaufdringlich den Gedanken an ein Verlorenes, dessen Nachschein unversehens und mitten in der Gegenwart aufleuchtet.
Das leise Poetische ist ein durchgehendes Merkmal in der Kunst der in Südkorea geborenen, heute in Deutschland lebenden Künstlerin. Die Ortlosigkeit, die Frage nach Zugehörigkeit und die Sehnsucht nach einem Fluchtpunkt, auf den sich die Erinnerungen an Verlorenes wie die Wahrnehmung von Gegenwärtigem beziehen liessen, schärfen ihre Beobachtung, sensibilisieren sie für die feinen Nuancen und die fast unmerklichen Brüche in den Oberflächen der Bilder und Selbstbilder, denen sie an den für sie fremden, erst nach und nach vertraut werdenden Orten, in den Räumen begegnet, die sie sich für und durch ihre künstlerische Arbeit erschliesst. (Urs Bugmann)